Gewerkschaften stärken die Altersvorsorge

Von: Samira Marti

Kein Thema beschäftigt die Schweizer Bevölkerung so sehr wie die Altersvorsorge. Dafür gibt es einen guten Grund: Sie betrifft uns alle sehr direkt im Alltag. Gleichzeitig wird das gerechteste Sozialwerk der Schweiz, die AHV, seit ihrer Einführung von bürgerlicher Seite schlechtgeredet und angegriffen. Die SVP forderte in den Nullerjahren sogar deren Abschaffung.

Das Erfolgsrezept der AHV ist der Grund für die permanenten Angriffe: Das Umlageverfahren funktioniert nach dem Solidaritätsprinzip. Das Geld, das von meinem Lohn abgezogen wird, landet direkt auf dem Rentenkonto meiner Grossmutter. Damit wird das Geld vor den Unsicherheiten und Spekulationen des unberechenbaren Finanzmarktes geschützt. Denn genau das ist das grosse Problem der zweiten Säule, der beruflichen Vorsorge. Die Pensionskassen sind mit der Problematik konfrontiert, dass ihre Anlagen zu wenig Gewinn abwerfen und darum die Renten der Versicherten nicht mehr gewährleistet werden können. Zudem ist in der beruflichen Vorsorge nur versichert, wer ein gewisses Lohnniveau erreicht. Das trifft insbesondere Frauen.

Um die Renten langfristig zu sichern, führt kein Weg an einer Stärkung und einem Ausbau der AHV vorbei. Denn das Geschäftsmodell der Pensionskassen hat langfristig ausgedient. Doch die Menschen, die ein Leben lang arbeiten, haben ein Anrecht auf ein Altern in Würde. Dies bedeutet, dass die Rente reichen muss, um den Lebensstandard auch im Alter zu wahren. Es ist deshalb unsere Pflicht, jetzt rasch eine Lösung für die Probleme zu finden.

Diese Verantwortung nehmen die Gewerkschaften wahr. Sie haben gemeinsam mit den Sozialpartnern einen guten Kompromiss ausgehandelt. Beide Seiten sind einverstanden, mit verschiedenen Mechanismen die berufliche Vorsorge zu reformieren. Damit werden mehr Menschen Zugang zur zweiten Säule erhalten, und ein solidarisch finanzierter Rentenzuschlag wird als Fixbetrag jedem Versicherten ausbezahlt, unabhängig vom Lohnniveau. Gesamthaft erhöht der Kompromiss die Renten für tiefere Einkommen und Teilzeitbeschäftigte.

Die Kritik von Balz Stückelberger ist daher fehl am Platz. Gewerkschaften beraten und unterstützen Arbeitnehmende und stehen für ihre Interessen ein. Dazu gehört auch eine sichere Altersvorsorge.

Samira Marti, Ökonomin, Präsidentin vpod region basel, Nationalrätin SP

Der Leser*innenbrief ist in der BaZ vom 18.01.2020 erschienen.