Arbeitnehmer weisen Vorwürfe von Regierungsrat Lukas Engelberger in aller Deutlichkeit zurück

Von: Josef Zindel für die Arbeitnehmerverbände der Verhandlungsdelegation GAV USNW AG

Mit Befremden haben die Delegierten von fünf Nordwestschweizer Berufsverbänden und Gewerkschaften des Gesundheitswesens, die seit rund zehn Monaten mit den Arbeitgebervertretern Verhandlungen für einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) führen, Vorwürfe von Regierungsrat Dr. Lukas Engelberger zur Kenntnis nehmen müssen. In einer Sendung von Tele Basel bezichtigte der Vorsteher des baselstädtischen Gesundheitsdepartements am 16. Januar 2019 die Delegation der Arbeitnehmenden der absichtlichen, gezielten Verschleppung der GAV-Verhandlungen. Durch diese Taktik hätten die Arbeitnehmer einen Abschluss des neuen Vertragswerkes vor der Volksabstimmung zur Spitalfusion vom 10. Februar 2019 mit Kalkül verhindert. Die Arbeitnehmer-Delegation weist diese happigen Beschuldigungen in aller Deutlichkeit als haltlos zurück.

…der vpod will die Fusion nicht. Er probiert denn auch den Status der Verhandlungen in die Länge zu ziehen…so können sie besser sagen, es sei noch kein GAV vorhanden, das sei ein Argument, dagegen zu sein, ich empfinde das als unfaire Positionierung des vpod…

Das war wörtlich die Aussage, mit der Regierungsrat Lukas Engelberger am 16. Januar 2019 im Fernsehsender Tele Basel und auf dessen Online-Portal der Arbeitnehmerdelegation eine gezielte Verschleppung der GAV-Verhandlungen vorwarf und ihr damit die einseitige Verantwortung dafür zuschanzte, dass der Gesamtarbeitsvertrag nicht innerhalb des von beiden Sozialpartnern angestrebten Fahrplans noch vor Weihnachten 2018 unterschrieben oder zumindest unterschriftsbereit vorlag.

Seit April 2018 schaffen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter an einem neuen GAV, der im Fall eines Vollzuges der geplanten Fusion des Uni-Spitals Basel und des Kantonsspitals Baselland zum „Universitätsspital Nordwest AG“ die zwei bisherigen Verträge ersetzen soll. Zusammengesetzt ist die Arbeitnehmer-Delegation durch Vertretungen des „Baselstädtischer Angestellten-Verband“ (BAV), des „Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner SBK“, der Gewerkschaft Syna, des „Schweizerischer Verband des Personals öffentlicher Dienste“ (vpod region basel) und des „Verband Schweizerischer Assistenz-und Oberärzte/-innen beider Basel“ (VSAO).

Diese Arbeitnehmer-Delegation nimmt zur Kritik von Dr. Lukas Engelberger wie folgt Stellung:

  • Die Arbeitnehmer-Delegation besteht aus Mitgliedern von fünf Berufsverbänden. Diese Verbände sind in ihren individuellen Bedürfnissen keineswegs überall deckungsgleich, ja, sie fassten zur Abstimmung sogar unterschiedliche Parolen. An den GAV-Verhandlungen sind die fünf Verbände dennoch als Einheit mit einem einzigen übergeordneten Ziel tätig: Gute Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmenden auch im künftigen Fusionsspital zu erreichen. Deshalb wehrt sich diese Delegation in solidarischer Geschlossenheit gegen Vorwürfe an einzelne Verbandsvertreter. Wer in dieser Sache einen einzelnen Verband kritisiert, kritisiert automatisch die gesamte Delegation, die sich wehrt, wenn versucht wird, sie auseinander zu dividieren.
  • Die Arbeitnehmer-Delegation weist die öffentlichen Vorwürfe von Regierungsrat Lukas Engelberger entschieden zurück, zumal er an keiner einzigen der bisher zwanzig Verhandlungssitzungen dabei war. Für die verhandelnden Arbeitnehmer sind die Vorwürfe der Verhandlungsverzögerung schon aus diesem Grund alles andere als hieb-und stichfest, sondern sind Anschuldigungen, die auf dem „Hören-Sagen“ fussen.
  • Die Arbeitnehmer-Delegation beurteilt die Vorwürfe der absichtlichen Verhandlungsverschleppung noch aus einer anderen Sichtweise als haltlos: Für keinen Arbeitnehmerverband bestand und besteht auch nur das geringste Interesse so zu verhandeln, dass keine Einigung bis zur Volksabstimmung vom 10. Februar 2019 vorliegt, um eine Nein-Parole mit dem fehlenden GAV begründen zu können, wie das Engelberger sagt. Das Gegenteil trifft zu: Die Weiterverhandlungen nach einem allfälligen Ja des Stimmvolkes werden für die Arbeitnehmervertretung ohne unterschriebenen GAV noch schwieriger werden. Zudem hat jeder der fünf beteiligten Berufsverbände ein vitales Interesse, die eigenen Mitglieder so schnell wie möglich über erreichte und verfehlte Ziele informierenzu können, um mitzuhelfen, Ungewissheiten über die künftigen Arbeitsbedingungen aus dem Weg zu räumen.
  • Die Arbeitnehmer-Delegation anerkennt, dass das Zustandebringen eines GAV auch für die Arbeitgeberseite ein äusserst schwieriges und zwangsläufig zähes Unterfangen ist, das in vielen der relevanten Punkte oft eine zweite, dritte oder vielleicht gar vierte Verhandlungsrunde verlangt, sei es, weil die eine Seite weniger geben und die andere Seite mehr nehmen will – oder umgekehrt. Das liegt in der Natur der Sache, weshalb es der Arbeiternehmerseite nie in den Sinn käme, dem Sozialpartner absichtliches Verzögern und damit Unfairness vorzuwerfen. Dass sich Regierungsrat Engelberger nicht an diese Abmachung hielt und die Arbeitnehmerseite auf diese Weise kritisiert, empfindet die Arbeitnehmer-Delegation als irritierend und nicht zielführend.
  • Die Aussagen von Lukas Engelberger werden deshalb von der Arbeitnehmer-Delegation auch als politisches und taktisches Geplänkel in der Endphase des Abstimmungskampfes wahrgenommen, was angesichts der Tatsache, wonach bisher zwei der fünf Berufsverbände ihren Mitgliedern ein Ja zur Fusion empfohlen hat, noch viel weniger Sinn macht.