Wo bleibt Basel? Stellungnahme zur gesamtuniversitären Mittelbaureform

Die Basisgruppe Mittelbau des VPOD Basel setzt sich seit ihrer Gründung im Herbst 2021 dafür ein, dass akademische Prekarität und hierarchische Strukturen auch an der Universität Basel endlich ein Ende finden. Wir wenden uns mit diesem Schreiben an das Rektorat, um unsere Sorge über die mittelbaupolitische Situation auszudrücken und eine echte Reform unserer Anstellungs- und Arbeitsbedingungen zu fordern.

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Basel, 15.4.2024

Die heutige mittelbaupolitische Lage ist vor dem Hintergrund der Entwicklungen der letzten Jahre zu sehen. Mit der 2022 an der Philosophisch-Historischen Fakultät aufgegleisten Mittelbaureform haben wir uns im Sinn unserer gewerkschaftlichen Praxis und Zielsetzung von Anfang an intensiv auseinandergesetzt und uns im Prozess insbesondere mittels einer ausführlichen Stellungnahme eingebracht. Wir trauern dieser seitens des Rektorats abgebrochenen Reform nicht nach. Sie wäre den tiefgreifenden Problemen und Missständen, die wir jeden Tag erleben, im Ergebnis nicht ansatzweise gerecht geworden. Deswegen waren wir erfreut zu erfahren, dass das Rektorat plant, zeitnahe eine gesamtuniversitäre Mittelbaueform umzusetzen.

Der Mangel an attraktiven wissenschaftlichen Festanstellungen, die hierdurch untermauerte persönliche Abhängigkeit von den Professorinnen und Professoren, sowie die hohe Arbeits- und Lehrbelastung des Mittelbaus sind an der ganzen Uni ein Problem. Um ein Beispiel herauszugreifen – an der Fakultät für Psychologie sind die Studierendenzahlen (Bachelor- und Masterstudierende) innerhalb von 10 Jahren von 2012 bis 2022 um 56% gestiegen,[1] das Budget der Fakultät jedoch wuchs im gleichen Zeitraum nur um gerade 7%.[2] Dies weist auf eine krasse Entkoppelung zwischen Studierendenzahlen und Budget hin. Es sollte offensichtlich sein, dass solche strukturellen Unterfinanzierungen das Grundproblem der aktuellen Arbeits- und Lehrbelastung des Mittelbaus ist. Ausserdem kann die Qualität von Lehre und Forschung unter diesen Umständen nicht garantiert werden, selbst unter grossen Einsatz der Assistierenden und des wissenschaftlichen Personals.

Dennoch scheint das Rektorat nicht gewillt, mit dem nötigen Nachdruck und Tempo auf eine echte Verbesserung der Situation des Mittelbaus an der Universität Basel hinzuwirken. Diesen Eindruck erzeugen Informationen seitens des Rektorats, die uns über die Avuba und aus der Fakultätsversammlung der Philosophisch-historischen Fakultät zugegangenen sind. Es scheint als solle die im Prinzip angekündigte gesamtuniversitäre Mittelbaureform aus fadenscheinigen Gründen auf die lange Bank geschoben werden. Hierin bestätigen sich unsere anlässlich der Sozialpartnergespräche und weiterer Gremien gemachten Erfahrungen. Ein echter Reformwillen seitens der oberen Ebenen der Unihierarchie war in den letzten Jahren in keinem der uns zugänglichen Foren spürbar.

Wenn das Rektorat wirklich anerkennt, dass es Reformbedarf gibt, kann es sich nicht ohne weiteres darauf zurückziehen, es fehle leider das Geld. Erstens kann die Unileitung der Politik und Öffentlichkeit den Reformbedarf erklären und zusätzliche Finanzen beantragen. Der Erfolg hiervon ist selbstverständlich nicht gewiss, der Versuch muss aber gemacht werden. Zweitens gibt es vielfältige Möglichkeiten, kostenneutrale Massnahmen zu beschliessen und vorhandene Gelder im Rahmen des Möglichen zugunsten des Mittelbaus einzusetzen.

Die gesamtuniversitäre Mittelbaureform ist zudem im Licht der kürzlich veröffentlichten Botschaft "Bildung, Forschung Innovation 2025–2028" des Bundesrats zu sehen. Darin ist die "Nachwuchsförderung" in Folge der Petition Academia als Schwerpunkt definiert worden ist. Entsprechend sind hierfür Bundesgelder vorgesehen, um die Kantone und Universitäten darin zu unterstützen, die Situation des Mittelbaus grundlegend zu verbessern. Konsequenterweise hat der Bundesrat zudem Ende März das Postulat 22.3390 bezüglich Prekarität und Gleichstellung im akademischen Mittelbau gutgeheissen. "Wissenschaftliche Nachwuchsförderung: Weitere Massnahmen sind notwendig", schreibt der Bundesrat in der Medienmitteilung zum erwähnten Postulat. Auch haben beispielsweise die Universitäten Zürich und Genf in den letzten beiden Jahren bereits Schritte in die richtige Richtung gemacht. Wir fragen uns aber: Wo steht, wo bleibt die Uni Basel?

Anfang April haben wir den Mittelbau der Universität Basel per Rundmail über den uns bekannten Stand der Dinge informiert, das Vorgehgen des Rektorats kritisiert (die BZ hat berichtet). Wir haben dabei bekannt gegeben, dass wir uns für eine echte und zeitnahe umgesetzte Mittelbaureform einsetzen wollen. An den offenen Treffen vom 8. und 15. April haben wir gemeinsam mit Mittelbauangehörigen verschiedener Fakultäten und Departementen die Frage der Reform unserer Anstellungs- und Arbeitsbedingungen diskutiert und dabei als ersten Schritt diese Stellungnahme zuhanden des Rektorats verabschiedet.

Wir laden das Rektorat im Licht des Gesagten eindringlich dazu ein, sich bis Mitte Mai einlässlich zur Frage der gesamtuniversitären Mittelbaureform zu erklären.

Die etwa 3'000 Mittelbauangehörigen der Universität Basel sorgen tagtäglich unter oftmals schwierigen Bedingungen dafür, dass der gesamte akademische Betrieb am Laufen bleibt. Es scheint uns, als müssten wir das Rektorat daran erinnern: Ohne uns geht es nicht.

Die Zeit für eine echte Mittelbaureform ist jetzt!


[1] https://www.unibas.ch/de/Universitaet/Portraet/Zahlen-Fakten/Studierendenstatistiken.html

[2] https://www.unibas.ch/de/Universitaet/Portraet/Budgetbericht.html


What about unibas? Statement concerning the comprehensive mid-level staff reform

Since its establishment in autumn 2021, the Mid-Level Group of VPOD Basel has been advocating for an end to academic precarity and hierarchical structures at the University of Basel. With this letter, we address the Rectorate to express our concerns about the mid-level political situation and to demand a genuine reform of our employment and working conditions.

Today's mid-level political situation must be seen against the backdrop of developments in recent years. With the mid-level reform initiated at the Faculty of Humanities in 2022, we have been extensively engaged in the process from the beginning in line with our trade union practice and objectives, particularly through a detailed statement. We do not mourn the discontinuation of this reform by the Rectorate. It would not have come close to addressing the profound problems and shortcomings that we experience every day. Therefore, we were pleased to learn that the Rectorate plans to implement a comprehensive university-wide mid-level reform in the near future.

The lack of attractive permanent academic positions, the personal dependence on professors that this reinforces, and the high workload and teaching burden of the mid-level staff are a problem across the entire university. To highlight an example – at the Faculty of Psychology, the number of students (bachelor's and master's) increased by 56% from 2012 to 2022, while the budget of the faculty grew by only 7% during the same period. This indicates a severe disconnect between student numbers and budget. It should be obvious that such structural underfunding is the fundamental problem behind the current workload and teaching burden of the mid-level staff. Moreover, quality teaching and research cannot be guaranteed under these circumstances, even with significant efforts from assistants and academic staff.

Nevertheless, the Rectorate does not seem willing to exert the necessary urgency and speed to genuinely improve the situation of the mid-level staff at the University of Basel. This impression is reinforced by information received from the Rectorate via the Avuba and from the Faculty Assembly of the Faculty of Humanities. It seems that the university-wide mid-level reform, which was essentially announced, is being postponed for flimsy reasons. This confirms our experiences from union talks and other forums, where we participated. A genuine willingness to reform from the upper echelons of university hierarchy has not been apparent in any of the forums accessible to us in recent years.

If the Rectorate truly acknowledges the need for reform, it cannot simply retreat to the excuse of lacking funds. Firstly, the university management can explain the need for reform to the government and public and request additional funding. Success in this regard is, of course, not guaranteed, but the attempt must be made. Secondly, there are various ways to decide on cost-neutral measures and to use existing funds to the extent possible to benefit the mid-level staff.

The comprehensive university-wide mid-level reform should also be seen in the light of the recently published Federal Council dispatch "Education, Research, Innovation 2025–2028". In this, "support for young researchers" has been defined as a priority following the Petition Academia. Accordingly, federal funds are provided to support cantons and universities in fundamentally improving the situation of mid-level staff. Consequently, at the end of March, the Federal Council also approved postulate 22.3390 regarding precarity and equality in academic mid-level positions. "Scientific career support: further measures are necessary," the Federal Council writes in the press release on the mentioned postulate. For example, the universities of Zurich and Geneva have already taken steps in the right direction in the last two years. But we ask ourselves: Where does the University of Basel stand, where does it remain?

In early April, we informed the mid-level staff of the University of Basel of the known state of affairs via a mass email, criticized the actions of the Rectorate (as reported by the BZ). We announced that we are committed to a genuine and promptly implemented mid-level reform. At the open meetings on April 8th and 15th, together with mid-level staff from various faculties and departments, we discussed the reform of our employment and working conditions and, as a first step, adopted this statement for the Rectorate.

In light of the above, we urgently invite the Rectorate to provide a comprehensive explanation of the university-wide mid-level reform by May 15th.

The approximately 3,000 mid-level staff members of the University of Basel ensure on a daily basis, often under difficult conditions, that the university runs smoothly. It seems to us that we must remind the Rectorate: Without us, it is not possible.

The time for a genuine mid-level reform is now!