Arbeitsalltag in der Kinderbetreuung: Ein bisschen Kinder hüten und spielen?!

Von: vpod region basel

Um mehr über die Arbeitsbedingungen in der Kinderbetreuung in der Region Basel zu erfahren, hat der VPOD eine Umfrage lanciert. Im Hinblick auf die bevorstehende Revision des Tagesbetreuungsgesetzes ist es wichtig sich mit guten Argumenten zu wappnen, damit die Anliegen der Kinderbetreuerinnen endlich ernst genommen werden!

Wer selber in der Kinderbetreuung arbeitet oder Leute kennt, die als Kinderbetreuende tätig sind, weiss, dass der Berufsalltag ganz anders aussieht als hüten und spielen! Lange Arbeitstage, wenig Pausen, hohe Lärmbelastung, tiefe Löhne und obendrein wenig Anerkennung! Und trotzdem, arbeiten viele Kinderbetreuerin oder Kinderbetreuer gerne in diesem Beruf! Für sie ist die Betreuungs- und Beziehungsarbeit mit den Kindern eine sinnvolle und wichtige Aufgabe. Sie erachten es als ihre Aufgabe den betreuten Kindern die nötige Fürsorge entgegenzubringen. Den Kindern Zuwendung, Zeit und Aufmerksamkeit zu geben gehört für Kinderbetreuende zur täglichen Arbeit. Entsprechend hoch sind ihr Engagement und ihre Arbeitsidentifikation. Für viele ist Kinderbetreuung nach wie vor ein Traumberuf! Die Ausbildung zur Fachperson Kinderbetreuung zählt gerade bei Frauen denn auch seit einigen Jahren zu den meist gewählten Berufsausbildungen.

Zudem nimmt die Nachfrage nach Betreuungsplätzen aus gesellschaftlichen Gründen stetig zu. Besonders in Basel-Stadt, wo die Verfassung den Anspruch auf einen Betreuungsplatz garantiert, wurde in den letzten Jahren die familienexterne Betreuung in Kitas und schulischen Tagesstrukturen stark ausgebaut. Überlegungen zu Qualität und Arbeitsbedingungen spielen dabei meistens lediglich eine untergeordnete Rolle. Zwar wird in der öffentlichen Diskussion ständig von Frühförderung und der Wichtigkeit einer guten Betreuungsqualität gesprochen, doch in erster Linie zielt der Ausbau darauf ab ein ausreichendes Angebot an Betreuungsplätzen ohne grossen finanziellen Mehraufwand zu schaffen. Das hat zur Situation geführt, dass viele Einrichtungen ohne den Einsatz von Praktikantinnen und Lernenden nicht über die Runden kommen würden. Nicht ohne Grund beklagen viele Kinderbetreuende zu tiefe Löhne. Das Gefühl mangelnder gesellschaftlicher Wertschätzung ist dementsprechend weit verbreitet. Die Arbeit in der Kinderbetreuung hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Kinderbetreuung ist heutzutage nicht mehr einfach Kinder hüten und spielen, sondern eine hochqualifizierte und höchst anspruchsvolle pädagogische Arbeit. Sie erfordert neben fürsorgerischen auch pädagogische, psychologische, soziale und kommunikative Fähigkeiten. Die Betreuungsarbeit ist aufgrund der gestiegenen Ansprüche und Anforderungen intensiver und anspruchsvoller geworden.

Der VPOD hat darum 2013 zusammen mit der Gruppe Basler FaBe die Petition „Gute Kinderbetreuung braucht gute Arbeitsbedingungen“ lanciert. Mit der Petition wurden mehr ausgebildetes Personal, Zeit für Vor- und Nachbereitung und ein Mindestanfangslohn für ausgebildete Kinderbetreuerinnen von Fr. 4‘500.- gefordert. Obwohl die Petition von 3‘200 Leuten unterschrieben wurde und vom Grossen Rat zweimal dem Regierungsrat zur Beantwortung überwiesen worden ist, hat sich nichts verändert. Nach wie vor wird der Zusammenhang zwischen Arbeitsbedingungen und Betreuungsqualität zu wenig beachtet!

Es ist bezeichnend, dass Herr Eymann in der Petitionsantwort abstreitet, dass Handlungsbedarf besteht. Gemäss seiner Aussage reichen die geltenden Rahmenbedingungen um eine qualitativ gute Kinderbetreuung zu gewährleisten. Er stützt sich dabei jedoch nicht auf die Aussagen von Kinderbetreuenden, sondern auf die hohe Zufriedenheit in der Elternbefragung. Der zuständige Regierungsrat erlaubt sich also Aussagen zu den Arbeitsbedingungen und der Arbeitszufriedenheit in der Kinderbetreuung ohne wirklich etwas darüber zu wissen! Es erstaunt darum nicht, dass die Anliegen der Betroffenen nicht ernst genommen werden.

Systematische Umfragen zu den Arbeitsbedingungen in der Kinderbetreuung in der Schweiz sind Mangelware. Eine der wenigen grösseren Studien mit Aussagekraft ist die Umfrage der Universität Zürich zu Arbeitsbedingungen und Gesundheit des Kita-Personals in der Stadt Zürich von 2014 im Auftrag des Sozialdepartements. Diese zeigt, dass die Arbeitszufriedenheit unter Kinderbetreuenden im Vergleich zu anderen Berufsgruppen eher tief ist. Die eher tiefe Zufriedenheit muss als Folge der vorherrschenden Arbeitssituation in der Kinderbetreuung betrachtet werden. Die Umfrage zeigt z. B, dass rund die Hälfte der Befragten im Berufsalltag mit Personalmangel konfrontiert ist. Zudem bleibt zu wenig Zeit für Vor- und Nachbereitung. Ebenfalls bestätigt die Umfrage, dass die Befragten die Löhne für zu tief halten und die gesellschaftliche Wertschätzung für ihre Arbeit als gering empfinden.

Es ist davon auszugehen, dass die Situation in der Region Basel mit derjenigen in der Stadt Zürich vergleichbar ist. Der grosse Anklang der Petition „Gute Kinderbetreuung braucht gute Arbeitsbedingungen“ bei den Kinderbetreuenden und die Erzählungen von Mitgliedern stützen diese Vermutung. Gerade im Hinblick auf die bevorstehende Revision des Tagesbetreuungsgesetzes, das die Kinderbetreuung in Basel-Stadt regelt, ist es zentral mehr über die Arbeitssituation in der Kinderbetreuung zu wissen. Diese Revision ist die Gelegenheit Basel-Stadt darauf zu verpflichten nicht nur organisatorische, pädagogische und betriebswirtschaftliche Vorgaben zu definieren, sondern endlich auch Mindeststandard bezüglich Arbeitsbedingungen festzulegen.